Junge Union: Hammerberg statt Lousberg

Der Vorteil von Stolberg liegt  auf der Hand. Oder doch eher am Berg? „Auf jeden Fall ist das hier gut für die Kondition. Der Hügel ist schon der Hammer“, sagt Yacine Taibi, und spielt damit auf seinen neuen Wohnort am steilen Hammerberg an. Gemeinsam mit seinem Kumpel und Kommilitonen Pedram Shahlaifar ist der 26-Jährige im April von Aachen nach Stolberg gezogen. Neben dem sportlichen Fußweg zur studentenlebenswichtigen Bahnverbindung hat Yacine Taibi natürlich auch ganz existenzielle Gründe für den Umzug in die Stadt an der Vicht: „Der Wohnraum ist viel günstiger hier als in Aachen.“

 

Worte, die ganz nach dem Geschmack der Stadtverantwortlichen sein dürften. Seit einigen Wochen wirbt Stolberg offensiv um die Gunst und damit den Zuzug von Studenten, mit Flyer-Werbung und informativer Internetseite. Die beiden Psychologie-Studenten haben ihre Zelte bereits einige Monate zuvor aufgeschlagen. Beide sind im dritten Semester, haben sich in Aachen kennengelernt. Und beide haben mit der Mietsituation in der Domstadt gehadert. „Ich habe für meine Ein-Zimmer-Wohnung mehr als 500 Euro im Monat gezahlt“, sagt der 30-jährige Pedram Shahlaifar. „Hier zahle ich die Hälfte weniger.“

Hier, das ist eine großzügige Einliegerwohnung in einem Mehrfamilienhaus. Wobei die „Mehrfamilie“ eigentlich nur eine einzige ist. Das Vermieterpaar lebt hier, ebenso dessen Sohn mit Frau und Kindern. Für die beiden Studenten kein Problem, im Gegenteil: „Wir lieben sie“, sagt Pedram und lacht, „das sind tolle Leute, die uns richtig gut aufgenommen haben.“

 

Bevor die Charmeoffensive der Stadt Stolberg überhaupt gestartet war, hatten die beiden RWTH-Studenten den Weg Richtung Südosten bereits gefunden – nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung, wie sie zugeben. „Wir wollten eine WG gründen. Aber das Wohnungsangebot in Aachen ist dramatisch, weil zu teuer. Natürlich gibt es diverse Internetseiten und Foren, in denen Wohnungen angeboten werden. Aber nach einer Zeit merkt man: Die für uns bezahlbaren Buden stehen da nicht drin. Und wenn doch, sind sie sofort weg.“

 

Yacine und Pedram gingen den Weg, den schon Generationen vor dem Internet-Zeitalter gingen – sie schalteten ein Wohnungsgesuch in unserer Zeitung. Darauf meldete sich ein Stolberger, bot eine Wohnung an – die alles andere als studentisches Klischee zu bieten hat. „Wir waren neugierig“, sagt Yacine Taibi, „haben uns die Wohnung direkt angeschaut. Wir waren beide begeistert. Danach haben wir nicht weiter gesucht.“ Preiswert und großzügig – diese Attribute zählten, und sie passen. Eine WG mit Wintergarten, offenem Kamin, großem Garten – nicht unbedingt die typische Studentenbude. „So etwas findest Du in Aachen nicht“. Seit April gilt für die beiden: Hammerberg statt Lousberg, Burg statt Kaiserdom.

Dem Vorteil der günstigen Miete stehen aber ganz studentische Bedürfnisse entgegen: „Das fehlende Feierangebot ist ein Nachteil. Es ist, sagen wir, überschaubar“, gibt sich Yacine Taibi diplomatisch. „Wenn wir ausgehen, dann fahren wir nach Aachen.“ Die Bemühungen der Stadt Stolberg, sich als lässig-studentisches Quartier zu präsentieren, nehmen Yacine und Pedram eher schmunzelnd zur Kenntnis.

 

„Es ist schon putzig, welche angeblichen Vorteile dabei sein sollen. Die Einkaufsmöglichkeiten anzupreisen, finde ich daneben.“ Ob denn Flyer und Internetauftritt die Realität widerspiegeln? Eher nicht, sagen die beiden. Flair, Spaß und Abwechslung? „Da muss noch was passieren.“

Die Verkehrsanbindung sei dagegen „völlig okay, wenn es um die Fahrten zur Uni geht“, sagt Yacine Taibi. „In 20 Minuten bist du an der Uni“, heißt es im Werbematerial der Stadt. „Das stimmt, aber nur, wenn man zu einem der wirklich zentralen Institute muss.“ Abends – und damit ist man wieder beim Thema Feiern – bleibt oft nur das Taxi. „Ach, das geht noch. Ein Zehner pro Nase“, findet Pedram Shahlaifar. Dass Stolberg nicht überall gleich ist, haben sie schnell gemerkt. „Es gibt Ecken, da hätte ich gesagt: Nein, Danke. Ich wäre nirgendwo anders als in diese Ecke nahe der Altstadt gezogen“.

 

Im Rathaus ist man derweil zufrieden nach den ersten Wochen der Charmeoffensive. Rund 40 konkrete Anfragen nach Wohnraum habe man bekommen, heißt es seitens der Stadt. Nun wolle man mit einer Liste von potenziellen Vermietern bei der Vermittlung helfen. Beim Wohnungsangebot sei allerdings noch Luft nach oben, so ein Sprecher weiter.

Und was sagen Freunde und Kommilitonen von Yacine und Pedram über den Umzug der beiden ins Aachener Umland? Beide grinsen bei dieser Frage. „Die Reaktionen waren unterschiedlich. Manche haben gesagt: ‚Warum zieht ihr in diese Nazi-Hochburg?‘. Diese Aussage ist Quatsch, weil sie einfach nicht zutrifft“, sagt Yacine Taibi. Insgesamt haben wir Verständnis geerntet. Alle Aachener Studenten kennen ja die Situation dort. Auch wenn sich nicht jeder so einen Umzug vorstellen kann. Nachdem sie unseren Garten und den Kamin gesehen haben, waren die meisten aber plötzlich ziemlich angetan von Stolberg.“

 

„...einfach geiler!: Auch die Junge Union wirbt für Stolberg in Aachen

„In Stolberg lebt es sich einfach geiler!“ – mit diesem Slogan und einem Flyer will die Junge Union in diesen beim Werben um Studenten helfen.

 

Auf dem Flugblatt, das an den Aachener Universitätsgebäuden verteilt wird und auch hinter Autoscheibenwischern zu finden ist, werden ähnliche Vorzüge präsentiert, wie sie die offizielle Kampagne vermitteln möchte: Bezahlbarer Wohnraum, Anschluss an die Euregio-Bahn, Shopping-Möglichkeiten, Sport und Erholung...

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